Die 5. Klasse der Primarschule Laupersdorf ist «Versuchskaninchen» im Pilotprojekt Bläserklasse

Laupersdorfs 5.-Klässler musizieren seit Schuljahresbeginn wöchentlich eine Stunde im Rahmen des normalen Musikunterrichts – mit einem Blasinstrument, versteht sich. Schiefe Töne und wunde Lippen sind da vorprogrammiert.

Schon von der Treppe zum Musikraum ist das Gedudel zu hören. Die Schüler der 5. Klasse der Primarschule Laupersdorf wollen erst gar nicht abwarten bis die Stunde beginnt, sondern blasen schon vorher frisch und fröhlich in ihre Instrumente. Die Töne, welche sie hervorbringen, verleiten einen zwar nicht in Schwelgerei, ein Anfang ist es jedoch allemal. Erstaunlich schnell ruhig wird es in der Klasse, als Hans Burkhalter, Leiter der Bläserklasse, die Stimme erhebt. Auf dem heutigen Programm stehen die Stammtöne, die Burkhalter mit den Schülern erarbeiten möchte. Nachdem er ein Notenblatt ausgeteilt hat, kommt schon ein erstes Gemurmel auf: Kein Schreibzeug dabei. Zum Glück kann ihr Leiter da vorerst aushelfen.

Sofort ist klar, dass im Zentrum dieses Projektes nicht Theorie, sondern Praxis steht: Denn die Schüler werden bald aufgefordert den ersten Ton, das G, zu spielen. Den Ton an gibt hier definitiv ein Junge mit der Trompete, der wie auch sein Kollege nur so vor Elan strotzt. Die beiden Halbwüchsigen müssen erst noch lernen, die Luft zu dosieren. Die Mädchen an den Kornetts hingegen kämpfen mit den Tönen, sodass sie von ihrem Leiter aufgefordert werden, mit grösserer Kraft reinzublasen. Auch der Junge am Saxophon bekundet zuerst ein bisschen Mühe. Klassenlehrer Ruedi Berger lässt mit seiner Posaune gleich drei Töne nacheinander erklingen, nur: Welcher ist der Richtige? Schon zu Beginn ambitioniert zeigen sich die zwei Jungen am Euphonium: Die gespielten Töne sind zu hoch. Mit von der Partie sind zudem ein Es-Horn und zwei Baritone. Bald darauf versuchen alle Kinder gemeinsam das G zu spielen, welches im ganzen Gewirr von Klängen zu erahnen ist. Kurz danach scheint sich der Musikraum in ein Bienenhaus verwandelt zu haben, da es von einem Summen erfüllt ist, welches das Resultat einer Trockenübung mit dem Mundstück darstellt. 

«Ihr seid alle locker, das ist tipptop» lässt Burkhalter verlauten, der die Klasse mit ruhiger Hand und viel Geduld im Zaum hält. Auch die Frage «Was geschieht, wenn der Bleistift in den Trichter fällt? Kann man ihn dann wieder herausblasen? » bringt ihn nicht aus der Fassung.

Mit den Stammtönen kommen die Schüler einigermassen gut voran, sodass sie gegen Ende der Stunde die Noten von «Alle meine Entchen» beisammen haben. «Ihr könnt ja auf nächstes Mal versuchen, das Liedchen zu spielen», meint Burkhalter, was bei den Schülern auf Zustimmung stösst. Er sehe es nicht als einen Nachteil an, dass er seine Schützlinge nur eine Stunde pro Woche in die Blasmusik einführen könne: «Schliesslich ist es den Schülern möglich, zu Hause zu üben. Weitere vermeintliche Nachteile relativiert er rasch. So gehöre es halt zu seiner Aufgabe, mit den unterschiedlichen Niveaus der Schüler umzugehen. «Auf irgendeinem Gebiet ist jedes Kind musikalisch», ist er ausserdem überzeugt. 

Seine Bilanz der ersten richtigen Stunde ist durchwegs positiv aufgrund des Interesses der Schüler und ihrer Fähigkeit, schon jetzt auf seine Zeichengebung reagieren zu können. Aus seiner Erfahrung mit der Bläserklasse in Zuchwil weiss Burkhalter, dass die Klasse einen grossen Zusammenhalt entwickeln wird. Zudem biete das Projekt den Schülern die Möglichkeit, Musik auf andere Art zu erleben und Freude daran zu gewinnen.

Auch eine Rhythmusübung bestehend aus Stampfen, Klatschen und Klopfen wird absolviert, wobei Burkhalter noch Zeit findet, um auf die Frage von Lehrer Berger einzugehen: «Ich spiele privat Klarinette und jetzt hier Posaune. Kann dies zu Problemen führen?» Burkhalters Tipp ist, die Instrumente nicht nacheinander zu üben, wobei er betont, dass bei zwei Blasinstrumenten der Schwerpunkt auf das Hauptinstrument zu setzen sei.

Obwohl die Lippen der Blechbläser surren, sind die Schüler glücklich mit ihren ausgewählten Instrumenten. «Sie haben noch bis zu den Herbstferien Zeit, um zu wechseln», erklärt Burkhalter. Spätestens dann werden sie sicherlich selbstbewusst hinter ihren Instrumenten sitzen und «Alle meine Entchen» spielen, was einige Schüler zum grossen Ziel erklärt haben. In diesem Sinne bleibt nur noch eines hinzuzufügen: «Na, dann blast, was das Zeug hält!» Dazu muss man die Schüler definitiv nicht zweimal auffordern.

Für das Projekt Bläserklasse ist die «Brass Band Frohsinn Laupersdorf» verantwortlich. Der Verein war sowohl Ideengeber, als auch bei der Ausarbeitung des Konzeptes massgeblich beteiligt. Auf die Beweggründe angesprochen, nennt Thomas Brunner, Repräsentant der Band, zwei Aspekte: Er verweist auf den Bundesbeschluss über die Musikförderung, der als Gegenentwurf zur Volksinitiative «jugend + musik » vom Volk angenommen wurde. «Unsere Idee war es, diese Initiative in Laupersdorf umzusetzen, sowie die Blasmusik und ihre Instrumente den Kindern näher zu bringen.» Schliesslich wolle die Frohsinn auch den Fortbestand des Vereins sichern. Sponsoren und Gönner im und um den Verein sowie der Verzicht auf geplante Anschaffungen sorgten für die Finanzierung, so Brunner. Vorteile des Projektes sieht dieser in vielerlei Hinsicht: «Die ganze Bläserklasse arbeitet gemeinsam an einem Ziel, ohne Konkurrenzdruck. Zudem wird es den Schülern ermöglicht, ihre Kompetenzen und Stärken zu erweitern. » Allerdings räumt er ein, dass es durchaus noch (offene) Fragen gebe: Die Eignung der 5. Klasse aufgrund des Alters und der schulischen Belastungen werde diskutiert. Hingegen erachte er die kleine Klasse mit 15 Schülern, die vorhandene Kenntnis der Musiknoten und die Erfahrung von Hans Burkhalter als Pluspunkt.(Anja Lanter)